und aus dem Chaos kam eine Stimme, und die Stimme sprach zu mir
"Lächle und sei fröhlich, denn es könnte schlimmer kommen."
und ich lächelte und war fröhlich
und es kam schlimmer.

Mit freier Software haben es viele Personen nicht so. Das liegt daran, dass freie Software zum Einen als Qualitätsmerkmal deren Freiheit hat, worunter andere Qualitätsmerkmale unweigerlich leiden, und man dieses Qualitätsmerkmal als solches anerkennen muss. Außerdem versucht freie Software oft unfreie Software zu kopieren, und nicht zuletzt hat die Qualität dieser Software in den letzten Jahren ähnlich nachgelassen wie die der kommerziellen Software.

Doch zwischen totaler Freiheit und totaler Geschlossenheit gibt es viele Stufen, man könnte es verienfacht ausgedrückt einen kontinuierlichen Übergang nennen. Und so hat WinzigWeich inzwischen genügend Schläge ins Gesicht bekommen, um sich zumindest ein wenig freiheitlicher zu geben.

Apple indes hat es geschafft, dass man inzwischen manch einen Menschen schon darum bitten muss, wenigstens Windows - früher klares Feindbild, jetzt das kleinere Übel - zu benutzen. Freilich nicht nur Apple, auch Softwareprojekte die sich selbst gerne mit kommerziellen Softwarepaketen vergleichen, aber dann eben doch nicht halten können was sie versprechen, zum Beispiel Ubuntu, sind gut mit daran beteiligt, jeden der mit Windows unzufrieden ist zu Apple weiterzuleiten.

Allseits bekannt ist der alte Apple-Werbespot "why 1984 wont be like 1984", eine Anspielung auf den Orwell-Roman. Dieser Eindruck des "Befreiers" ist scheinbar irgendwie in den Köpfen der Windowsfrustrierten Nutzer hängengeblieben, sie fühlen sich also tatsächlich teils "befreit" von den Schickanen von Windows. Ich kann das durchaus nachvollziehen: Unter Windows habe ich, wenn ich es denn benutze, mindestens jede Woche ein größeres Update, das mich nervt, während Apple schon mal eben ein halbes Jahr wartet bis es kritische Sicherheitslücken fixt. Alles im Sinne der Nutzerfreundlichkeit. Außerdem stellt sich bei deren Nutzergefängnissen, dem iPhone und dem iPad, das Problem ohnehin nicht, weil sowieso nur Software installiert werden kann die Apple in den Kram passt, und es würde mich nicht wundern wenn sie das MacBook - zumindest noch ein brauchbarer Laptop, sofern man Windows oder Linux installiert - auch irgendwann dementsprechend Abschließen.

Befreier die über den Zwischenschritt des weisen Herrschers zu Unterdrückern werden. Auch dafür hat Orwell ironischerweise den passenden Roman. Wie auch immer, in den Köpfen der Nutzer ist Apple offenbar Befreier von Microsoft, und von den vielen stressigen Sessions mit Linux auf dem PC. Klar, denn ein Apple-Rechner ist ja auch was ganz anderes als ein PC, drum muss man sich da ja auch nicht mit sowas wie Linux herumärgern. Alles ist schon dabei und sieht nuttigschön aus.

Nun, bisher ging ich davon aus dass sich das in den Köpfen der Nutzer abspielt. Doch nachdem bereits das ZDF eine recht gute Reportage darüber verfasst hat, kann ich das eigentlich kaum mehr glauben. Nein, ich glaube, die Leute haben es kapiert, es ist ihnen nur egal. Genauso wie ihnen Pressefreiheit im Grunde egal ist.

Im Grunde könnte mir das egal sein, wenn die Leute sich freiwillig in eine Diktatur begeben, doch sind erstmal hinreichend Leute darin, so wird es immer mehr Angebote geben die man kaum noch entbehren kann ohne ganz außen dazustehen. Wenn Apple erstmal groß wird, und der eigentlich wünschenswerte Zustand des Endes der Papierpresse eintritt, dann werden alle bis auf ein paar alternative Zeitschriften wohl nur noch auf Apple-Produkten verfügbar sein. Dann wird es zu spät sein. Vielleicht wird vorher das Kartellamt Apple verdonnern, so wie es das bereits mit Microsoft getan hat. Ob das dann noch etwas nützen wird ist fraglich.

Zugegebenermaßen, da sich aufgrund der modernen als Pragmatismus getarnten Faulheit die meisten Meinungsträger und Meinungslosen wahllos mit jedem Unterdrücker ins Bett legen würden um ein paar Leckerli zu bekommen ist die Softwarewelt eher ein kleines Problem, aber eben doch eines, und eines das ungeahnte Konsequenzen haben kann. Sehr netter XKCD zu dem Thema bei dem Weg.

Gut, ihr "Softwarenutzer" die ihr Software wollt die "einfach funktioniert" und "gut aussieht" und "benutzerfreundlich" ist, tut das, begebt euch freiwillig in den goldenen Käfig. Aber bitte hört auf davon zu reden dass Apple euch von Windows befreit, und hört auf euch damit schlau und alternativ zu fühlen. Apple ist nicht mehr alternativ, Apple ist Mainstream.

Unternehmen sind generell keine Befreier, wenn überhaupt dann nutzen sie die Nische der Kritiker aus, so wie es Apple früher tat, oder aber sie verhalten sich einfach so moralisch korrekt. Und da gab und gibt es einige nette Unternehmen. Sun Microsystems zum Beispiel hatte einen sehr freien Kurs, doch die wurden leider Aufgekauft, trotzdem ist Solaris noch immer ein System das ich sehr interessant finde, das sehr stabil sein soll, und das ich auf jeden Fall im Auge behalten werde. Canonical Ltd ist Sponsor von Ubuntu, und auch wenn ich die Entwicklung von Ubuntu oft kritisiere, sie haben viel für freie Software getan. Google ist in keiner Weise unumstritten, aber man kann nicht verkennen, dass Google sich in dieser Beziehung doch recht gut verhält. Sie beschränken sich auf Kleingeräte, ich hoffe dass sie da zu mehr Freiheit verhelfen. Dann gibts da noch die Mozilla Corporation, als recht bekanntes Beispiel, die Maintainer von Firefox, machen leider auch einen Haufen von anderem Müll, aber wieso machen die eigentlich nicht mal irgendein auf XUL basiertes Betriebssystem für Kleingeräte?

So, das sind nur ein paar Beispiele, gibt jede Menge kleiner Softwareunternehmen die man unterstützen kann - mit Bekanntmachung, mit Code und natürlich mit der Kaufentscheidung. Wem freie Software zu alternativ ist, der soll Windows verwenden - wenn schon pragmatisch dann richtig! Windows ist wenigstens das am weitesten verbreitete System. Und auch Hybridlösungen von Wegen Windows mit einem Haufen freier Software ist ok. Apple zum jetzigen Zeitpunkt zu unterstützen halte ich für unverzeihlich. Apple verhält sich meiner Meinung nach größenwahnsinnig, und sollte dementsprechend - wenigstens vom Kunden - mal abgewatscht werden. Dann werden sie vielleicht ihre Strategie ändern.

Aber ich viel bin zu pessimistisch um an die Mündigkeit des Kunden zu glauben. Und so kann man nur hoffen, dass nach einigen Jahren Alleinherrschaft von Apple irgendein anderes Unternehmen mit irgendeinem anderen Spielzeug die Vorherrschaft übernehmen wird.

Ich bitte mich hier nicht falsch zu verstehen. Ich halte Appleprodukte für überteuert und Applesoftware für schlecht, zumindest das was ich gesehen habe, aber einigen Leuten scheint sie sehr zu gefallen, und das reicht für mich erstmal als Existenzberechtigung. Ich halte mehr als ein großes kommerzielles Heim-Betriebssystem für sehr sinnvoll, ja für das, woran es der Softwarewelt lange gefehlt hat. Und auch wenn Applehardware meiner Meinung nach zu teuer ist, so hat sie doch eine Qualität an die andere Hardwarehersteller oft garnicht versuchen heranzukommen. Sollte Apple morgen ankündigen seine iPad-Software zu opensourcen und in Zukunft offen weiterzuentwickeln, so werde ich - nach einer kurzen kritischen Hinterfragephase die natürlich generell angebracht ist - sicher bald zu einem Apple-Befürworter.

Mir geht es hier einzig und alleine um die Geschlossenheit der Systeme. Mir ist Freiheit von Software wichtig. Und ich halte sie auch durchaus für Relevant für die "Realität", denn es geht hier um die Kontrolle über Geräte mit denen der Informationsfluss betrieben wird. Manch ein Hauptstrompragmatiker mag dies belächeln; das darf er, denn es herrscht Meinungsfreiheit, und die kann er - solange sie noch herrscht - auch benutzen.