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Die SZ hat einen Artikel zur Netzneutralität, und erkennt dort überraschenderweise den Kern des Problems:

"Für einen Teil der digitalen Generation ist das Internet längst der Ort, an dem er nahezu seine gesamte soziale Existenz entfaltet. Vergleiche mit Verkehrsinfrastrukturen, wie sie etwa Kruse zieht, mit anderen Kanälen für Kommunikation oder mit wirtschaftlichen Gütern greifen aus Sicht dieser wachsenden Gruppe viel zu kurz, weil sie eben nur einen Teilaspekt der Rolle erfassen, die das Internet in ihrem Leben einnimmt."

Die Provider seuseln dahin, dass irgendwelche "Power-User" ihren wertvollen Traffic verbrauchen. Die Provider sind meiner Meinung nach verlogen, und wollen eine Rolle einnehmen, die sie nicht haben. Alles was ich von meinem Provider will ist, dass er mir einen Anschluss ins Internet gibt. Roher Traffic. Ich will eine Leitung die zu einem Router führt der alle IP-Adressen erreicht. Sie sollen so viel verlangen wie es eben kostet.

Aber genau hier ist das Problem: Wie viel kostet es denn eigentlich? Wieso rücken die Provider da nicht mal raus mit der Sprache. Wieso fragt das die Provider keiner? Wie viel Aufwandt kann es denn sein, ein Paket zu transportieren?

Nicht viel, denke ich. Sie müssen Infrastruktur aufstellen und Maintainen. Dazu brauchen sie Fachkräfte, Server und Strom. Die Kosten dürften weitestgehend konstant sein, und sobald das Zeug mal steht ist es erstmal egal, wie viel Pakete da durch gehen - es gibt ein Maximum an Paketen, die da durchgehen, freilich, und mehr Pakete kosten auch mehr Strom und mehr Wartungsarbeit, aber wohl kaum in erheblichem Maße.

So, und jetzt kaufe ich als Kunde einen Anteil an deren Volumen. Inklusive einer Wartungsgarantie. Die Wartungsgarantie kauft man wohl in der Regel in Form einer monatlichen Grundgebühr, und die bin ich auch bereit zu zahlen. Der Traffic selber kostet die im Monat aber nichts extra - ich zahle für eine gewisse Geschwindigkeit, die einen Anteil von deren Infrastruktur übernimmt. Die Infrastruktur teile ich mir mit anderen Leuten, die ebenfalls ihren Anteil zahlen.

Zahle ich nun für DSL 1000, so zahle ich für einen Anteil von etwas, das da ist, und darf es damit auch benutzen. Wenn nun jemand daherkommt und mir sagt, DSL 1000 bedeutet nur eine Maximalgeschwindigkeit, und eigentlich rechnen irgendwelche Statisten schlaue Statistiken aus, die davon ausgehen, dass kaum ein Kunde das wirklich ausnutzt, sodass man mit weniger Infrastruktur auskommt, dann ist das deren Fehler, und nicht meiner, wenn ich davon ausgehe, dass ich auch wirklich mein DSL 1000 ausnutzen kann, wenn dem nicht so ist müssen sie es angeben, das wird auch teilweise getan.

Meine Meinung dazu steht fest: Alles Andere ist verlogen!

Dass deren Statistiken nicht unbedingt sinnvoll sind merkt man schon alleine daran, dass ich in einer ländlichen Gegend, wo ich nur DSL 1000 kriege (und mehr bezahle als man für die fünfzigfache Geschwindigkeit in Teilen Münchens zahlt), mehrmals Werbung für DSL 2000 und höher bekommen habe.

Nun wollen mir also irgendwelche Schlaumeier weismachen, dass das ja normal sei. Provider müssen Statisten beschäftigen, und die gehen nunmal von üblichen Haushalten aus, die ihren Internetanschluss nur alle zwei Wochen mal für ne halbe Stunde benutzen. Böse Webdienste wie YouTube oder Ekiga (oder Skype) ändern dies nun, die Statistiken gehen nicht mehr auf, weil die Leute auf die für Provider anscheinend völlig abwegige Idee gekommen sind, das Volumen das beworben wird auch wirklich zu nutzen. Ist das nun mein Problem? Offenbar erfassen diese Statistiken nicht meine Bedürfnisse, und auch nicht die Bedürfnisse vieler Anderer.

Darf nun ein Provider entscheiden, welcher Traffic zu mir bevorzugt wird, und damit effektiv in meine Privatsphäre eindringen, weil irgendwelche Statistiker sich verrechnet haben? Ich sehe keine Rechtfertigung.

Nun mag manch Einer entgegnen, es wäre doch die Sache der Provider, was sie mit ihrer Infrastruktur tun. Zum Einen haben die Provider hier aber eine eindeutige Übermacht, gerade über die "letzte Meile", die es rechtfertigt, in ihre Freiheit einzugreifen, um der Gesellschaft Willen. Zum Anderen möchte ich dem entgegnen, dass ich mich frage, ob ich, wenn die Provider mit ihrer (für die Gesellschaft wichtigen) Infrastruktur persönliche Freiheit genießen, auch zu deren Boycott aufrufen darf, wenn sie es mir zu bunt treiben? Darf ich öffentlich sagen, "Provider X macht ..., boycottiert ihn!", darf ich Flugblätter verteilen (nachdem die Internetprovider ja meinen Aufruf blockieren könnten), und bleibe ich Ungestraft, wenn die Leute es dann auch tun? Ich glaube kaum.

Zum Vergleich: Ich dürfte den Rücktritt jedes Politikers fordern, und zu Stimmentzug aufrufen.

Man darf hier nicht die Macht von Providern unterschätzen: Deren Infrastruktur ist wichtig in sehr vielen Belangen. Ihre Arbeit zur Verbesserung der Infrastruktur ist zum jetzigen Zeitpunkt unverzichtbar, aber ihre Übermacht ist besorgniserregend.

Ich sehe es also ganz klar: Es muss eine gesetzlich verbriefte Netzneutralität geben. Für alle Netze. Ohne Ausnahme.

Und ich bezweifle, dass das in irgendeiner Weise den Providern schaden kann. Ich glaube eher, dass die Provider hier eine Geldquelle sehen, indem sie kleine (und große) Unternehmen erpressen können. Und wenn sie erstmal damit angefangen haben, gibt es kein Zurück mehr - schon jetzt sehe ich nicht mehr wirklich einen Wettbewerb, wie soll sich in dem Gebräu erst noch ein Wettbewerb bilden können, wenn große Provider von großen Netz-Unternehmen mitfinanziert werden, während kleine Unternehmen erstmal Jahrelang auf Genehmigungen zum Kabelverlegen warten? Denn das ist genau das, was wahrscheinlich passieren wird.