Hinweg von mir mit dem Geplärre deiner Lieder; das Rauschen deiner Harfen mag ich nicht hören!
- Amos
Macht das Haus meines Vaters nicht zu einem Kaufhause!
- Jesus
Ich weiß überhaupt nicht, wo ich anfangen soll, und wie ich meine Gedanken dazu gliedern soll. Ich fange vielleicht mal beim temporalen Startpunkt an: Ich sah heute, als ich mit der S-Bahn fuhr, das folgende Plakat - es hat leider ein paar schlieren, da ich es durch eine verregnete Scheibe fotografierte:
Die GEMA meint, ohne Komponisten können wir nicht mit Gott singen. Als "Beweis" dieser Behauptung führt sie ausgerechnet "Von guten Mächten" an, weil sie wohl weiß, dass dieses Lied vielen Christen gefällt, und gerne gespielt wird. Ich weiß nicht, ob die GEMA für das Spielen dieses Liedes und etwaiger anderer Lieder die ihr gehören in Gottesdiensten Geld bekommt, oder ob gar die Kirchen einen Pauschalvertrag mit der GEMA haben,
dieses PDF lässt auf Letzteres schließen, aber ich habe es nicht ganz durchgelesen. Daran ist nichts auszusetzen, die Kirche hat sich an Gesetze zu halten. Was aber Vielen vielleicht garnicht bewusst ist, ist die unmittelbare Konsequenz daraus: die GEMA verdient damit zumindest indirekt an Gottesdiensten. Und an Beerdigungen, Hochzeiten, und und und. Und zumindest wenn man den allgemeinen Berichten glauben schenkt dürfte es auch im Wesentlichen die GEMA sein, und weniger die Komponisten selbst, aber diesen Fakt kann ich nicht nachprüfen.
Die Botschaft ist jedenfalls klar: Ohne die GEMA gäbe es keine Komponisten, und ohne die gäbe es keine Gottesdienste. Billigste Propaganda, die auf die religiösen Gefühle der Bevölkerung abzielen. Ich möchte bewusst auf die schwierige moralische Bewertung des Themenkomplexes Urheberrecht verzichten. Auch Parallelen zum
Ablasshandel möchte ich mir jetzt verkneifen. Man kann über Verwertungsgesellschaften denken wie man will, diese Art von Propaganda ist in jedem Falle unterste Schublade. Da sind mir
koranverteilende Muslime unbegrenzt lieber, haben sie doch wenigstens die ehrliche Aufforderung "LIES!" - die Aufforderung der GEMA liest sich eher "ZAHL! Gott will es!".
"Musik ist uns was wert", so der Slogan der GEMA. Dazu gehören meinem Eindruck nach vor Allem Abmahnungen und Verwaltungskosten, und Kosten für propagandistische Werbeplakate.
Nun haben es die Kirchen ja wirklich nicht leicht in letzter Zeit. Ist die Piratenpartei (gegen deren Bewegung sich die Werbeaktion der GEMA wohl primär richten dürfte), die momentan am schnellsten wachsende Partei, an der sich schon die etablierten Regierungsparteien die Zähne ausbeißen, doch
für eine stärkere Säkularisierung und hat damit erfolg. Und so kann ich mir vorstellen, dass es einige Christen gibt, die mehr oder weniger unreflektiert gegen Selbige sind (Ich bin ja der Meinung, fortschreitende Säkularisierung tut den Kirchen auf lange Sicht hin gut, aber darum soll es mir hier garnicht gehen.)
Trotzdem hoffe ich, dass die Kirchen sich hier nicht instrumentalisieren lassen, und sich öffentlich davon distanzieren.