Ich habe den Schleswigern das Holsteinen beigebracht. Seitdem heißen sie Schleswig-Holsteiner.

Gerne schreibt man den exzessiven Internetnutzern zu, sie seien realitätsfern, sie seien "Kellerkinder", sie hätten kein Leben, keine sozialen Kontakte, und sollten von den Realos lernen.

Aus diesem Grund drängt sich mir bisweilen der Eindruck auf, dass Politiker aller Lager, vor Allem natürlich die älteren und konservativeren Exemplare, die Netzkultur immer als etwas nicht ganz ernstzunehmendes ansehen, als eine Kultur von Leuten, die erst erwachsen werden müssen.

So ganz falsch mag dieser Eindruck nicht grundsätzlich sein. Doch es gibt durchaus ein paar Dinge, mit denen die Netzkultur gelernt hat, umzugehen. Dinge, mit denen Politiker anscheinend noch nicht umgehen können. Hier könnten und sollten sie lernen.

Den meisten Leuten, die das Internet schon etwas länger für etwas mehr als Facebook und E-Mails benutzen, dürfte der Streisand-Effekt ein Begriff sein, oder zumindest die Tatsache bekannt sein, die er aussagt - versucht man irgendetwas zu vertuschen, erregt es Aufmerksamkeit und sorgt dafür dass die Information sich noch viel schneller verbreitet.

Weiterhin sehr bekannt ist der Begriff des Trolls. Leute, die provozieren, um Aufmerksamkeit zu erlangen oder Verwirrung zu stiften.

Trolle gibt es auch im richtigen Leben. Fundamentalistische Organisationen und radikale Parteien verhalten sich zum Beispiel gerne so. Aber Trolle sind nicht immer nur schlecht, beispielsweise nutzen auch gewisse Umwelt- und Tierschutzorganisationen die Technik des Trollens hin und wieder erfolgreich. Ein gutes Trolling ist besser als jedes noch so gute Argument.

Auf das Thema gekommen bin ich aber vor Allem durch den Taz-Artikel "Schieß den Muezzin". Die FPÖ hat ein Spiel veröffentlicht, in dem man Muezzine mit einem Stopschild "verschwinden" lässt. Ich habe das Spiel selber nicht gesehen, es interessiert mich auch nicht wirklich, und ich kann gut damit leben, es nicht gespielt zu haben. Ich hätte kein Problem die Existenz dieses Spiels komplett zu ignorieren.

Die Öffentlichkeit offenbar nicht. Es steht in der Taz. Ich vermute, es steht auch in einigen anderen Zeitungen. Politiker und sonstige wichtige Personen sind empört. Anzeigen laufen, Staatsanwaltschaften ermitteln. Pure Aufmerksamkeit, typisch wenn jemand erfolgreich trollt.

Es gibt bekanntlich keine schlechte Werbung, es gibt nur Werbung. Das beste Verhalten wäre es also gewesen, das Spiel zu ignorieren, solange es sich nicht von selbst verbreitet. Wenn es Bekanntheit erlangt hat, kann man immernoch zu einer Anzeige greifen. Wenn es sich nicht verbreitet erreicht man mit Ermittlungen eher dass die Bekanntheit sich erhöht.

Generell wäre es eine gute Sache, wenn man Trollings öfter mal ignorieren würde. Sie nicht zu ignorieren bringt nichts, außer einen Haufen sinnfreier Diskussionen.